Extremwetter und Klimaerwärmung: Was erwartet uns 2023?
„Das Leben kann nur in der Schau nach rückwärts verstanden, aber nur in der Schau nach vorwärts gelebt werden.“ Søren Kierkegaard
Die Schau nach vorwärts gestaltet sich besonders schwierig, wenn es um die Vorhersage von Naturphänomenen geht. Die Atmosphäre unseres Planeten ist ein äußerst komplexes System mit schier unendlich vielen Variablen. Dennoch können gewisse Vorhersagen getroffen werden. Je weiter wir in die Zukunft schauen, desto schwieriger wird es, solche Vorhersagen zu treffen. Nicht zuletzt der menschliche Beitrag zur Klimaveränderung ist erheblich und wird unsere Zukunft gestalten. Die Größe dieses Beitrags kennen wir für die Zukunft noch nicht. Dies kann noch durch politische Entscheidungen der Staaten beeinflusst werden. Die Klimaerwärmung wird nicht nur für eine Zunahme von Extremwetterereignissen sorgen, sondern auch zunehmend für sicherheitsrelevante Ereignisse verantwortlich sein und letztlich die Vorzeichen setzen, wie wir in Zukunft leben werden.
Vorhersagen für 2023: La Niña
Welche Vorhersagen lassen sich für das kommende Jahr treffen? Zunächst werden für Ende 2022 bis ins Frühjahr 2023 sogenannte La Niña-Bedingungen vorhergesagt:
Während La Niña werden hohe Luftdruckunterschiede zwischen Südamerika und Indonesien beobachtet und die Temperatur über dem Pazifik ist kälter als in Jahren mit normalen Bedingungen. Für gewöhnlich dauern diese Zustände zwischen einem und drei Jahren an. 2022/23 war in Folge das dritte Jahr mit solchen Bedingungen, was außergewöhnlich ist. Warme Wassermassen an der Oberfläche des Pazifiks werden dabei von Südamerika weg in Richtung Indonesien transportiert, angetrieben von starken Passatwinden. Kalte Wassermassen steigen vor Südamerika nach oben, deswegen gilt La Niña als die Kältephase der ENSO (El Nino-Southern Oscillation). Der Einfluss dieses Wetterphänomens macht sich auf dem ganzen Globus bemerkbar: Im Norden Nordamerikas ist mit einem kalten Winter zu rechnen, an der Ostküste der USA werden wärmere Bedingungen als normal erwartet, während im Süden der USA trockenere Witterungsbedingungen vorherrschen werden. Gleichzeitig wird in Europa diesen Winter weniger Schnee erwartet.
La Niña-Bedingungen treten für gewöhnlich alle zwei bis sieben Jahre auf. 2023 ist das dritte Jahr in Folge. Grundsätzlich hat dieses Wetterphänomen einen kühlenden Effekt auf die Atmosphäre. Allerdings waren sowohl 2022 und 2021 wärmer als alle Jahre vor 2015. Es dominiert also die globale Erderwärmung. La Niña sorgt ferner für feuchtere Witterungsbedingungen in manchen Gebieten und wird mit trockeneren in anderen Gebieten in Verbindung gebracht. Dies bedeutet, dass in Ländern, die derzeit von Dürren oder Überschwemmungen heimgesucht werden, die Umstände weiter bestehen bleiben. Am Horn von Afrika droht beispielsweise wegen ausbleibender Niederschläge eine humanitäre Katastrophe. Dort herrscht momentan die längste Dürre in der jüngeren Geschichte.
Was gilt in Deutschland?
In Deutschland wird es in Zukunft deutlich wärmer. Allein in den letzten zehn Jahren beträgt der Anstieg 2 Grad Celsius im Vergleich zum Beginn der Aufzeichnungen (1881-1910). Auch mit mehr Hitzewellen ist zu rechnen. Die Anzahl von Tagen über 30 Grad Celsius hat sich in Deutschland seit den 1950er Jahren verdreifacht. Weiterhin wird zukünftig von niederschlagsärmeren Sommern ausgegangen, was die Gefahr von Waldbränden erhöht. Zumindest kann eine Entwicklung als positiv angesehen werden: Es wird nicht stürmischer.
Was kosten die Schäden?
Die letzten Zahlen der Swiss Re, einem Rückversicherer mit Sitz in Zürich, beziffern die Schäden durch menschengemachte- und Naturkatastrophen im Jahr 2022 auf 268 Milliarden US-Dollar. Davon waren gerade einmal 122 Milliarden US-$ an Schäden versichert. Die meisten Kosten wurden durch den Hurrikan Ian (ca. 50-65 Mrd. US-$) verursacht, aber auch von Winterstürmen in Europa, Überschwemmungen in Australien und Südafrika sowie Hagelstürme in Frankreich und den USA. Damit belaufen sich die versicherten Schäden durch Naturkatastrophen auf 115 Milliarden US-$. Es ist bereits das zweite Jahr in Folge, in dem die versicherten Schäden von Naturkatastrophen 100 Milliarden US-$ übersteigen.
Was die Gesamtschäden betrifft, ist der Betrag mit 268 Mrd. US-$ im Vergleich zum Vorjahr (303 Mrd US-$) zurückgegangen, liegt allerdings weit über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre, der sich auf 219 Mrd. US-$ beläuft. Sollten die Schäden durch Katastrophen im Jahr 2023 durchschnittlich ausfallen, ist dies immer noch ein enormer Betrag.
Dies sind nur einige wenige Größen, die sich vorsichtig vorhersagen lassen. Erdbeben und Tsunamis lassen sich kaum bis gar nicht vorhersagen. Ähnliches gilt für Vulkanausbrüche. Derzeit werden weltweit 1.350 potenziell aktive Vulkane gezählt.
Zusammenfassend lässt sich folglich sagen, dass wir erstmal in gewohnten Bahnen weiterlaufen werden. Zumindest was Großwetterlagen bis ins Frühjahr angeht. Globale Trends sind ebenfalls klar auf Erwärmung der Erdatmosphäre ausgerichtet. Naturkatastrophen werden auch im kommenden Jahr weltweit große Schäden verursachen.