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Unruhen in Neukaledonien: Ein turbulenter Mai

Die anhaltenden Proteste in dem französischen Überseegebiet haben international große Besorgnis ausgelöst. Travel Security Analyst Thorsten Muth beleuchtet die Hintergründe.

(Titelbild: KI-generiertes Symbolbild)

Schwarzer Rauch über Nouméa. Bereits seit mehr als einer Woche leidet das touristische Image Neukaledoniens: Straßenblockaden und ausgebrannte Autos verdrängen die Bilder von makellosen weißen Stränden und Südsee-Flair. Auslöser der aktuellen Unruhen ist eine geplante Gesetzesänderung, mit der die Regierung im fernen Paris tausenden französischstämmigen Bewohnern des pazifischen Inselstaats das Wahlrecht einräumen will. Unterstützer der neukaledonischen Unabhängigkeitsbewegung sehen in der Reform eine Bedrohung der politischen Teilhabe der indigenen Kanak-Bevölkerung.

Rauchschwaden statt Kava-Cocktails: Tausende Touristen sitzen fest

Die zunächst friedlichen Demonstrationen in Nouméa, der Hauptstadt des 271.000 Einwohner zählenden Überseegebiets, eskalierten am 13. Mai 2024 zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Die Behörden in Paris riefen den Ausnahmezustand aus, verhängten Versammlungsverbote und stockten das Kontingent der französischen Sicherheitskräfte in Neukaledonien um tausend Mann auf. Mit mindestens sechs Todesopfern ist es der tödlichste Konflikt, den die Inselgruppe seit über drei Jahrzehnten gesehen hat. Auch die örtliche Reisebranche leidet unter der anhaltenden Krise: Über 3.200 Touristen waren in Nouméa und an anderen Orten gestrandet, wo viele vorerst in der relativen Sicherheit ihrer Hotels ausharrten. Doch Lebensmittel und Medizin werden langsam knapp. Die Evakuierungsmaßnahmen, die von den Regierungen der wichtigsten Herkunftsländer Frankreich, Australien und Neuseeland eingeleitet wurden, traten nur schleppend in Kraft. Der internationale Flughafen bleibt vorerst geschlossen.

Präsidiale Schlichtungsversuche: „Rückkehr zu Frieden, Ruhe, Sicherheit“

Mehrere Volksabstimmungen zur Unabhängigkeit Neukaledoniens waren in der Vergangenheit allesamt zugunsten eines Verbleibs bei Frankreich ausgefallen, doch die Beziehung mit dem Mutterland ist seit langem angespannt. Ein spontaner Symbolbesuch des französischen Präsidenten soll nun wenige Wochen vor der Europawahl Ruhe und Ordnung nach Neukaledonien bringen: Am Donnerstag (23. Mai) landete Emmanuel Macron auf der Hauptinsel Grande Terre und verkündete, dass die zusätzlichen Einsatzkräfte, die angesichts dieses „absolut beispiellosen Aufstands“ hervorragende Arbeit geleistet hätten, vorerst vor Ort verbleiben sollten. „Niemand hat ein solches Ausmaß an Organisation und Gewalt vorausgesehen“, gab der Präsident zu. Die Evakuierungen ausländischer Touristen wurden während Macrons Besuch ausgesetzt.

Großes Interesse an kleinen Inseln: Frankreichs Außenpolitik unter Druck

Frankreichs Bemühungen um eine Stabilisierung des Überseeterritoriums sind auch motiviert von strategischen Interessen, denn die dortigen Entwicklungen könnten weitreichende Folgen für die Sicherheitsfrage im Südpazifik haben, wo soziale Spannungen zugenommen haben und im geopolitischen Wettbewerb Angriffsflächen bieten. Obwohl es keine Beweise für eine direkte chinesische Beteiligung an den aktuellen Protesten gibt, ist das Interesse Chinas an der Pazifikregion groß: Erst 2022 haben die benachbarten Salomonen nach größeren Unruhen ein Sicherheitsabkommen mit Peking geschlossen und die Anlegeerlaubnis für die US-Marine ausgesetzt. In der neukaledonischen Unabhängigkeitsbewegung könnte China einen neuen Verbündeten sehen und den Druck auf die französische Außenpolitik, die in den vergangenen Jahren vor allem in Westafrika zahlreiche Niederlagen gegen Russland einstecken musste, weiter erhöhen. Die Schwachstellen von Frankreichs Innen- und Außenpolitik nutzen auch andere Akteure aus, um sich zu profilieren: Eine Initiativgruppe aus Aserbaidschan, die auch in Gebieten wie Französisch-Guayana, Französisch-Polynesien, Guadeloupe und Korsika aktiv ist, hat den Neukaledoniern bereits ihre Unterstützung zugesagt und als Reaktion auf französische Waffenlieferungen an Armenien aserbaidschanische Flaggen nach Nouméa geschickt.

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Author

Thorsten Muth